Der Förderkreis für intensivpflegebedürftige Kinder Ulm e.V. unterstützt das Projekt durch Bereitstellung von 3.000,– € für Übungspuppen und andere Hilfsmittel für die praktische Ausbildung von Ärzten, Hebammen und Pflegekräften in Koudougou, Burkina Faso.

Gerne waren wir bereit, diese Ausbildungsmaßnahme finanziell zu unterstützen. Hier ein Bericht von Herrn Prof. Dr. Helmut Hummler:

Gruppenfoto aller Teilnehmer des Projekts

Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm unterstützt die Weiterbildung in der Neugeborenenversorgung in Burkina Faso, Afrika.

Burkina Faso, (früher Obervolta) war bis 1960 eine französische Kolonie und gilt als eines der ärmsten Länder auf der Erde. Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner betrug 2006 nur 449 US Dollar. Die Bevölkerung des Landes lag 2006 bei 13,7 Millionen Einwohner und wächst jährlich um ca. 3 %. Die mittlere Lebenserwartung lag 2004 bei 48 Jahren für Frauen und 47 Jahren für Männer. Die offizielle Säuglingssterblichkeit liegt bei 14 – 20 % bei einer Fertilitätsrate von 6,1 Kindern/Frau. Da vermutlich viele Geburten nicht erfasst werden, ist die Säuglingssterblichkeit evtl. noch höher. Die Arztdichte betrug 2004 nur 6 pro 100.000 Einwohner; für Geburten gibt es nur 13 Hebammen für 100.000 Einwohner.

Im Auftrag der gemeinnützigen Stiftung IPOKRaTES (International Postgraduate Organization for Knowledgetransfer Research an Teaching Excellent Students) wurde von PD Dr. A. Flemmer von der LMU München, Prof. Dr. H. Hummler von der Universitätskinderklinik Ulm, und Dr. S. Navarro-Psihas von der Universitätskinderklinik Innsbruck auf Einladung des Gesundheitsministerium der Region du Centre Ouest ein Fortbildungsseminar über die Versorgung von Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt in Koudougou, Burkina Faso durchgeführt. Koudougou ist eine Provinzhauptstadt und mit ca. 130.000 Einwohnern drittgrößte Stadt in Burkina Faso. Die Teilnehmer des Seminars waren Kinderärzte, Geburtshelfer, Allgemeinmediziner und Hebammen und kamen aus allen Regionen des Landes, um die Versorgung kranker Neu- und Frühgeborener zu trainieren und verschiedene Aspekte der weiteren Versorgung dieser Kinder zu diskutieren.

Transport mehrerer Kinder

Eine wesentliche Ursache der hohen Sterblichkeit der Neugeborenen ist eine mangelhafte Versorgung direkt nach der Geburt, welche vor allem auf unzureichender Ausrüstung, aber auch auf fehlende Fachkenntnisse zurückzuführen ist.

Bei der Vorbereitung für die Reise sind wir zunächst davon ausgegangen, dass die einfachen Grundvoraussetzungen für die Betreuung kranker Neugeborener vorliegen, zumindest in den als Universitätskrankenhäuser des Landes ausgewiesenen Einrichtungen. Nach dem Besuch des Provinzkrankenhauses in Koudougou und der Universitätsklinik in Ouagadougou wurden wir jedoch eines Besseren belehrt. Nicht nur, dass die hygienischen Umstände sehr bedenklich waren, es fehlte praktisch an allem.

Vorplatz einer besuchten Klinik

Eine Sauerstoffversorgung war nur in wenigen Räumen für die Betreuung der Neugeborenen verfügbar. Meist lagen die Kinder auf Kunststoffmatratzen und ihre Mütter am Boden. Ein wenige Tage altes Kind auf dem Arm der Mutter hatte schwerste Atemnot im Rahmen einer schweren Infektion offensichtlich am Ende seiner Kräfte. Möglichkeiten der maschinellen Beatmung oder gar der Intensivbehandlung für Kinder gibt es in keinem Krankenhaus des Landes. Ein großes Problem im Bereich Geburtshilfe ist die mit ca. 2/3 noch sehr hohe Rate beschnittener Frauen, was zu Geburtshindernissen und schweren Geburtskomplikationen, wie z.B. Sauerstoffmangel (Asphyxie) der Neugeborenen bei der Geburt führt. In der Provinz Koudougou gibt es nur eine Abteilung für Gynäkologie und zwei weitere chirurgische Abteilungen, die im Notfall einen Kaiserschnitt durchführen können. Außerhalb der Stadt ist der Tod eines Kindes und der Mutter bei der Geburt ein durchaus alltägliches Szenario, zumal ca. 35 % der Geburten in einfachsten Verhältnissen zu Hause ohne jegliche fachliche Hilfe stattfinden.

Ein sehr großes Problem ist die verbreitete Unterernährung von Kindern, die in einfachen Lehmhütten mit der Großfamilie in der Savanne leben, z.T. ohne Zugang zu Frischwasser, was Infektionskrankheiten begünstigt.

Medizinisches Personal beim Üben mit den Reanimationspuppen

Auf der Basis dieser Einblicke in die aktuelle Versorgungssituation von Neugeborenen habe wir nach dem Besuch der Krankenhäuser rasch unsere Vorträge und unsere praktischen Übungen modifiziert und auf einfachste Maßnahmen zur Stabilisierung von Neugeborenen angepasst.

Dank der Unterstützung des Förderkreises FrühStart ins Leben e.V. der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie dem Förderkreis für intensivpflegebedürftige Kinder Ulm e.V. standen uns drei Trainingspuppen und einfache Instrumente für den praktischen Unterricht zur Versorgung Neugeborener unmittelbar nach der Geburt zur Verfügung. So konnte ein wesentlicher Anteil des dreitägigen Seminars mit praktischem Training und Erfahrungsaustausch mit den afrikanischen Kollegen gestaltet werden.

Medizinisches Personal beim Üben mit den Reanimationspuppen

Die Reanimationspuppen und Instrumente sind am Ende unserer Reise in Burkina Faso verblieben. Dort sind sie in die Hände von Frau Prof. Diarra YE als Vertreterin der kinderärztlichen Fachgesellschaft in Burkina Faso übergeben worden, mit dem Ziel, soeben erlernte Techniken und Prozeduren im Rahmen von Kursen Hebammen, Schwestern und Ärzten aus weiten Teilen des Landes verfügbar zu machen. Alle Powerpoint-Vorträge und Videos waren in englischer und z.T. französischer Sprache verfasst und wurden den afrikanischen Kollegen zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt und vielfach kopiert.

Wir Ärzte waren sehr erfreut, dass die beiden Förderkreise aus München und Ulm diesen Unterricht in großzügiger Weise unterstützt haben und hoffen gemeinsam, dass wir mit dieser Initiative einen nachhaltigen Effekt für die Verbesserung der Erstversorgung Neugeborener in Burkina Faso geleistet haben.

Eine der am meisten beeindruckenden Erfahrungen dieser Reise war, dass die Menschen in Koudougou, Burkina Faso trotz der schwierigen Lebensumstände eine unglaubliche Lebensfreude und Zufriedenheit ausstrahlen. So entwickelte sich aus einer spontanen Begegnung mit 3 Kindern mit einem Fußball auf der Straße vor dem Hotel ein Fußballspiel („Afrika gegen Europa“), das innerhalb kurzer Zeit durch herbeigeholte „Verstärkung“ der „afrikanischen Mannschaft“ auf geschätzte ca. 100 Kinder sehr schnell entschieden war. Wenn immer wir aus unserem Hotel auf die Straße kamen waren wir rasch umgeben von vielen Freunden.

H. Hummler

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum Ulm