Kranke oder zu früh geborene Babys brauchen oft medizinische Unterstützung, unter anderem auch bei der Atmung. Um die Babys medizinisch zu versorgen, wird unmittelbar nach der Geburt die Nabelschnur durchtrennt und die Neugeborenen werden in der Uniklinik Ulm räumlich getrennt von den Eltern behandelt. Das bedeutet, dass die Frühgeborenen vorzeitig von der Versorgung mit sauerstoffreichem Blut über die Nabelschnur und von ihren Eltern getrennt werden.
Studien legen nahe, dass ein längerer Verbleib an der Nabelschnur vorteilhaft für das Baby ist.
Mit dem Projekt Spatzenstart möchten wir erreichen, dass auch kranke Neugeborene und Frühgeborene die bei ihnen notwendige medizinische Unterstützung noch an der intakten Nabelschnur erhalten. Zusätzlich ermöglicht dieses neue Vorgehen die kontinuierliche Anwesenheit der Eltern in den ersten Minuten nach der Geburt. Das Frühgeborene kann vom ersten Moment an bei seinen Eltern bleiben und diese können ihr Baby während der ersten notwendigen medizinischen Maßnahmen sehen und berühren.
Wir möchten damit den Bindungsaufbau zwischen Eltern und ihrem Baby unterstützen. Auch möchten wir durch das neue Vorgehen die Belastung der Eltern durch Sorgen und Ungewissheit reduzieren.
Wie wir unser Ziel erreichen möchten
Um auch kranke Neu- und Frühgeborene bei intakter Nabelschnur zu versorgen, ist eine mobile Versorgungseinheit erforderlich.
Dank der großzügigen Unterstützung des Förderkreises für intensivpflegebedürftige Kinder Ulm e.V. konnten wir eine solche mobile Versorgungseinheit sowie alle notwendigen medizinischen Geräte im Jahr 2022 anschaffen.
Was Eltern über diese neue Möglichkeit denken
Bevor wir die mobile Versorgungseinheit gekauft und eingesetzt haben, haben wir bereits 350 frischgebackene Mütter und Väter auf unseren Wochenstationen befragt, ob sie sich vorstellen können, dass ihr Neugeborenes noch an der Nabelschnur und in ihrem Beisein medizinische Unterstützung bekommt, falls dies notwendig ist. 93,1% der Teilnehmenden können sich dies vorstellen und 88,4% von diesen Eltern würden sich damit wohl bzw. eher wohl fühlen. Dabei sei es auch kein Problem, dass das neue Vorgehen bedeutet, dass zum Ende der Geburt zusätzlich auch kinderärztliches Personal mit im Raum ist.
Was das Behandlungsteam über diese neue Möglichkeit denkt
Unser Perinatalzentrum Level1 (höchste Versorgungsstufe) besteht aus einem interdisziplinären Behandlungsteam. Auch dieses Team haben wir vor der Einführung befragt, ob sie sich ihre Arbeit mit einer mobilen Versorgungseinheit und somit im Beisein der Eltern vorstellen können.
Die Mehrheit des befragten Behandlungsteams befürwortet, dass die Eltern bei den unterschiedlichen medizinischen Maßnahmen an ihrem Neugeborenen dabei sein können und 2/3 stehen der Nutzung einer mobilen Versorgungseinheit sehr offen bzw. offen gegenüber, obwohl das eine Veränderung der jetzigen Abläufe bedeutet.
Erste Erfahrungen mit der mobilen Versorgungseinheit
Bisher konnten 22 Neugeborene von SSW (Schwangerschaftswoche) 32+0/7 bis SSW 34+6/7 mit Hilfe der mobilen Einheit versorgt werden. Medizinisch war das neue Vorgehen gut umsetzbar. Alle Versorgungen mit der mobilen Versorgungseinheit konnten wie geplant durchgeführt werden und die Babys konnten während der kompletten Erstversorgung bei ihren Eltern verbleiben.
Das Feedback der Eltern war bislang durchweg positiv. Die häufigsten Rückmeldungen sind,
- dass es eine Erleichterung war, miterleben zu können, was an ihrem Baby gemacht wurde
- dass die Eltern froh darüber waren, ihr Baby direkt nach der Geburt sehen und (meist auch) berühren zu können
- dass sie sich nicht vorstellen können, wie groß ihre Sorgen gewesen wären, wenn ihr Baby in einem anderen Raum (ohne Sichtkontakt) versorgt worden wäre